Da es mit der Strahlhorn – Episode II im Juni nicht geklappt hatte, musste schnellst die Hochtouren-Saison eröffnet werden. Juni, Juli und der Anfang vom August waren ja wettertechnisch echt mies. Ständig Regen, Gewitter, teils Hagel oder auch mal Neuschnee in den Alpen machten die wenigen, für mich möglichen Gelegenheiten zu Nichte. So auch eine tolle Tour zum Doldenhorn (600 m Eis-Nordwand) , die kurz vor der Abfahrt abgesagt wurde: Nebel, Regen, Hagel. Aber egal – so isch!
Am 15./16.08. dann endlich eine Möglichkeit: Wetternhorn im Berner Oberland. Das übliche Spiel: Samstag los, Stau an der Grenze, Umweg durch Basel Stadt, Blitzer (uuuh teuer), ooops Seil vergessen, bei Bern Seil gekauft, Ankunft in Grindelwald und Aufstieg zur Hütte. Sonntag Gipfeltour, Heimfahrt, immer wieder Stau, ohne Blitzer (aaahhh).
Zur Tour:
Ausgangspunkt in Grindelwald ist der Parkplatz Hotel Wetterhorn. Aufstieg bei brutaler Wärme in 2,5 Stunden, 1.100 hm zur Glecksteinhütte (Literatur sagt 4,0 Std und Schilder 3,75 Std bis zur Hütte – uuuuh waren wir wieder gut `drauf….). Die Hütte war ziemlich voll. An Nachtruhe um 21:00 Uhr natürlich nicht zu denken. Aufgeregte Kinder – ich muss diese Volksgruppe ja nun seit 2 Jahren gerne haben – konnten einfach nicht schlafen und damit wir auch nicht. Ach ja: „Wir“ sind mal wieder Mario und ich – Holger. Sonst: Hütte o.K., Essen super und viel, Wetter stabil, Sachen abends gerichtet und Wecker auf 2:30 Uhr. Gute Nacht!
Sonntag um 3:00 Uhr Frühstück. Stirnlampe auf den Kopf und losgelaufen. Anfangs über gut markierte Wege immer schön gerade hoch. Wir waren die erste Seilschaft. Aber nur knapp unter uns folgte schon eine längere Licherketter hinter her. Trotzdem ist die Stimmung und die Menge an Leute nicht zu vergleichen mit den leichten 4.000`ern. Bei den mittel schweren, kombinierten Touren laufen eigentlich immer sehr wenige bis gar keine Idioten `rum. Alles immer gut ausgerüstete und ausdauernde Leute mit schneller und guter Klettertechnik. Wir sind da eher nur „Mittelfeld“. Einzige Ausnahme dieses mal ein junger Held aus der Ukraine, der am Vorabend schon dadurch auffiel, dass er keinen Partner, kein Seil, keine Stirnlampe dabei hatte, aber dafür ein sehr guter Kletterer sein. Spinner!
Irgendwann besteht die Markierung nur noch aus Steinmännle. Bis zum Chrinnengletscher ging auch alles gut, nur da haben wir uns dann verlaufen. Spuren gingen in direkter Linie in ein steiles Couloire, dass am Tag vorher bei der Suche nach der Route schon resprekteinflößend aussah. Also, warten auf die nächste Seilschaft und Powow abhalten. Nach etwa 20 Minuten kam dann eine junge Frau (21 J) mit zwei Kindern(je 14 J). Wir waren mächtig erstaunt, als die jungen Gesichter im Stirnlampenschein auftauchten. Beim Hochsteigen fiel uns schon deren Schnelligkeit auf, die sie von den anderen Nachsteigenden deutlich abhebte. Natürlich Schweizer, natürlich von der Hütte und natürlich bestens bekannt an ihrem „Hausberg“. Wir also hinterher. Ab da an waren wir immer dicht beieinander. Wohlgemerkt: Wir nur zu zweit und die zu dritt (die sollten dann eigentlich langsamer sein)!
Nach dem Gletscher folgten dann 3 Stunden ausgesetzte Gradkletterei im 3. Grad. Technisch nicht schwierig, aber wenn es rechts und links 200 m das Loch `runter geht, schon interessat. Zum Schluss dann nochmal für steilen Firn kurz die Steigeisen angeschnallt und losgepickelt.
Gipfelglück, windig, kühl, die näherrückende Schlechtwetterfront gut im Blick, Eiger grüßt, Foto, Glückwunsch und runter – gleichen Weg.
Bergab klettern ist immer etwas anstrengender und gefährlicher. Umsomehr ärgerten wir uns, dass sich der bereits erwähnte Typ aus der Ukraine sich an unsere Fersen heftete – ohne Seil, ohne Pickel, ohne Ahnung. Wegschicken wollten wir den Jungen auch nicht – hey, ich war mal Pfadfinder und vielleicht brauch ich auch mal Hilfe am Berg…. Naja, dadurch reduzierte sich auf jeden Fall unsere Geschwindigkeit. Natürlich überholten uns die drei Youngsters aus der Schweiz nun zum zweiten Mal. Tröstlich war nur, dass denen auffiel, woran das lag …. Als wir wieder am Gletscher ankamen, fühlten wir uns moralisch nicht mehr an die Völkerverständigung und die Nato-Osterweiterung gebunden und wünschten dem Typ aus der Ukraine viel Glück. Auf festem Untergrund nahmen wir wieder richtig Fahrt auf und überholten alle wieder und kamen als erste Gruppe an der Hütte nach insgesamt 9,5 Stunden an. Um 13 Uhr und 2.800 hm in den Beinen (hoch und runter) ging es mir noch richtig gut.
Da wir schnell nach Hause wollten, haben wir kurz unsere Sachen neu gepackt, einen selbstgemachten Minze-Sirup an der Hütte getrunken (sensationell und mit 4,50 CHF das günstigste Getränk) und sind auch wieder losgestiefelt. 1.100 hm runter zum Parkplatz – man, taten mir die Beine weh….. Die letzten hm bin ich nur noch stampfend im Schneckentempe runter gekommen. Ich war total fertig. Ich habe runter genausoviel Zeit benötigt wie am Vortag hoch. Gute 3 Tage hatte ich im Anschluss Muskelkater in den Beinen. Mario war ca. 20 Minuten füher als ich am Auto. Der Muskelkater hatte ihn aber genauso lange beschäftigt. Der zweite Berg im Berner Oberland (nach Balmhorn) hat uns wieder am Gipfeltag 12 Stunden beschäftig. Als wir das Ortsausgangsschild „Grindelwald“ hinter uns hatten, fing es an zu regnen. Gutes timing – alles wieder richtig gemacht.
Fazit: Top Tour, alles dabei, grandioser Aussichtsberg, empfehlenswert.
Hoffentlich kommt diese Saison da noch mal was……